Der Prozess gegen Deutschlands bekanntesten Wettermoderator Jörg Kachelmann neigt sich dem Ende zu. Dem 52-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen seine langjährige Freundin mit einem Messer bedroht und sie anschließend brutal vergewaltigt zu haben. Der Prozess begann am 6. September 2010 und dauert mittlerweile acht Monate. Jetzt endlich, am 31. Mai, soll ein Urteil im Fall Kachelmann gefällt werden. Ungefähr zwei Wochen vorher werden die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage ihr Plädoyer halten. Mit Spannung erwartet wird aber eher die Argumentation der Verteidigung. Eine Verteidigung, die im Laufe der Verhandlungen alles andere als einen konstanten und unkomplizierten Weg genommen hat.
Während der zwölfwöchigen Prozesspause wechselte der Verteidigungsstab des Wettermoderators. Man kann sagen: Kachelmanns bisheriger Anwalt, Reinhard Birkenstock, ein angesehener Jurist, legte sein Mandat nieder. Oder man sagt: Ihm wurde das Mandat entzogen. Das Verb „niederlegen“ impliziert für den Rechtslaien zunächst den Eindruck, Birkenstock selbst sei der aktive Part und somit verantwortlich für diese Trennung. Davon auszugehen wäre unklug. Welche Motive hätte Birkenstock? Er stand stets zuverlässig hinter seinem „Schützling“. Kachelmann hingegen hätte ein Motiv. Mit Birkenstock hatte er einen Anwalt an seiner Seite, der seinen Job stets sehr ernst nahm. Er hält jedoch herzlich wenig davon, die Medien während eines Prozesses als vierte Macht zu gebrauchen. Kachelmann merkte den medialen Gegenwind und benötigte jemanden an seiner Seite, der mit den Medien scheinbar umzugehen weiß. Und hier war er: Der neue Mann auf der Verteidigungsbank. Ein Mann, namens Johann Schwenn.
Ein Mann, dem viel daran zu liegen scheint, den Saal „innerhalb weniger Wochen in einen Rummelplatz zu verwandeln.“ So beschrieb ihn Alice Schwarzer. Eine von vielen „Schwenn-Opfern“. Laut Schwenn stünde Schwarzer in zu engem Kontakt mit dem Therapeuten des vermeintlichen Opfers. Wieder einmal eine von Schwenns vielen Verschwörungstheorien! Und davon gibt es einige.
Einem Richter warf er „Verneigung vor der Unvernunft“ vor und unterstellte der Staatsanwaltschaft „bloßstellendes und dilettantisches Herumermitteln“. Des Weiteren stellte Schwenn einen Befangenheitsantrag gegen die vom Gericht gestellte Gutachterin Luise Greuel, die das mutmaßliche Kachelmannopfer untersuchen sollte. Hinzu kommt seine Forderung nach der Durchsuchung der Redaktionsräume von „Bunte“ und „Fokus“. Sein Vorwurf: Die Zeitschriften würden versuchen das Verfahren zum Nachteil des Wettermoderators zu beeinflussen. Hier bezieht er sich auf den Kontakt zu ehemaligen Geliebten Jörg Kachelmanns, die nicht nur als Zeuginnen bei Gericht aussagten, sondern sich ebenfalls in der „Bunte“ zu dem Fall äußerten. Auch der Heidelberger Professor Günter Seidler, Therapeut des mutmaßlichen Opfers, ist nach Schwenn alles andere als kompetent und neutral. Der Therapeut untersuchte das mutmaßliche Opfer und stellte die These auf, dass Gedächtnislücken auf eine Traumatisierung zurückzuführen sein könnten. Für Schwenn eine an den Haaren herbei gezogene Mutmaßung.
Ja, der aktuelle Anwalt von Jörg Kachelmann hält nicht viel von Zurückhaltung. Sowohl nicht, was die Rolle der Öffentlichkeit im Rahmen des laufenden Prozesses angeht, als auch sein Verhalten im Gericht selbst. Die Mediendefensive Birkenstoffs war Schwenn von Anfang an ein Dorn im Auge. „Mir ist aufgefallen, dass Herr Birkenstock nicht effektiv dafür gesorgt hat, die Öffentlichkeit herzustellen“, so zitierte der Stern Schwenn im Dezember.
Schwenn beabsichtigt alles andere als unauffällig die Medien auf seine Seite zu ziehen. Er verlangt von Seiten des Gerichts die Befragung der Zeugen öffentlich zu machen. Für die Medien eine gute Tat, die-wie man denken würde-mit positiver Berichterstattung belohnt werden würde. Falsch gedacht! Bild spricht von der „Schwenn-Show“. Für die Zeit ist er die „Nervensäge der Strafjustiz“. Es scheint als sei der Plan nicht aufgegangen. Die Frage ist, welche Konsequenzen das für den Ausgang des Prozesses haben wird.